BVerwG 2 B 36.24 – Beschluss – Erschwerniszulage für Sprengstoffentschärfer und Sprengstoffermittler
• BVerwG 2 B 36.24, Beschluss vom 15. Januar 2025 Beschluss vom 15.01.2025 – BVerwG 2 B 36.24ECLI:DE:BVerwG:2025:150125B2B36.24.0 EN Erschwerniszulage für Sprengstoffentschärfer und Sprengstoffermittler Leitsatz: Die Zulage für Sprengstoffentschärfer und Sprengstoffermittler nach § 11 Abs. 1 EZulV setzt auch nach der aktuellen Normfassung einen hinreichend konkreten und auf objektivierten Anhaltspunkten beruhenden Verdacht voraus. Eine abstrakte Gefahrenlage reicht ebenso wenig aus wie ein subjektives Bedrohungsgefühl des Beamten oder Soldaten. Erforderlich ist, dass ausreichende Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr eines Schadens durch die Explosion eines Sprengkörpers im Einzelfall vorliegen (wie BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1997 – 2 C 14.96 – Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 7). Rechtsquellen GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1 VwGO § 86 Abs. 1 EZulV § 11 Abs.1 Instanzenzug VG Hannover – 12.04.2022 – AZ: 13 A 3855/19 OVG Lüneburg – 13.06.2024 – AZ: 5 LC 52/22 Zitiervorschlag BVerwG, Beschluss vom 15.01.2025 – 2 B 36.24 – [ECLI:DE:BVerwG:2025:150125B2B36.24.0] Beschluss BVerwG 2 B 36.24 • VG Hannover – 12.04.2022 – AZ: 13 A 3855/19 • OVG Lüneburg – 13.06.2024 – AZ: 5 LC 52/22 In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. Januar 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen: Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2024 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 36 495,60 € festgesetzt. Gründe 1 Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Erschwerniszulage für Sprengstoffentschärfer und Sprengstoffermittler in Bezug auf Fahrzeugkontrollen in Afghanistan im Jahr 2019. 2 1. Die Klägerin steht im Dienstrang eines Oberfeldwebels (Besoldungsgruppe A 7 BBesO) und gehört als Kampfmittelabwehrfeldwebel dem Kampfmittelabwehrpersonal („Kampfmittelabwehrkräfte mit qualifizierter Befähigung“) der Bundeswehr an. Von … 2018 bis … 2019 war sie in Afghanistan eingesetzt und damit Teil des deutschen Einsatzkontingents in der im Januar 2015 begonnenen Mission der NATO zur Ausbildung, Beratung und Unterstützung der Sicherheitskräfte Afghanistans. Einsatzort der Klägerin war die Liegenschaft Camp Marmal (Mazar-e-Sharif), wo sie im Aufgabenbereich EOD (= explosive ordnance disposal) eingesetzt und dort dem sog. EOD-Pit zugewiesen war. Dabei handelte es sich um einen außerhalb des eigentlichen Camps gelegenen, separaten, baulich und elektronisch besonders abgeschirmten Kontrollpunkt. Zu den Aufgaben im EOD-Pit gehörte die Überprüfung von zivilen Fahrzeugen, die in das Camp einfahren wollten (sog. EOD-Check). Die einfahrenden Fahrzeuge, die an anderer Stelle bereits einer ersten Kontrolle (Sichtprüfung und Abspiegeln) durch den sogenannten AfghanPreCheck, betrieben durch lokale Sicherheitskräfte, unterzogen worden waren, wurden im EOD-Pit erneut kontrolliert, um das Einbringen gefährlicher Gegenstände (unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen u. ä.) in das Camp zu verhindern. Diese Kontrollen wurden durch Kampfmittelabwehrfeldwebel – u. a. durch die Klägerin – durchgeführt. Jede einzelne Fahrzeugkontrolle wurde protokolliert und als „Zählfall“ im sog. EOD-Report tageweise festgehalten. 3 Im April 2019 beantragte die Klägerin die Gewährung der Erschwerniszulage für Sprengstoffentschärfer und Sprengstoffermittler gemäß § 11 der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) für die im Zeitraum vom … Januar 2019 bis zum … März 2019 durchgeführten Fahrzeugkontrollen in Höhe von insgesamt 36 495,60 €. Dem lagen sogenannte Änderungsmeldungen zugrunde, in denen die „Anzahl der Einsätze“ – hier: gleichbedeutend mit der Zahl der kontrollierten Fahrzeuge – aufgeführt waren. Antrag, Beschwerde, Klage und Berufung blieben erfolglos. 4 Das Oberverwaltungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf die begehrte Erschwerniszulage verneint. Bei den Fahrzeugkontrollen habe es sich nicht um Einsätze im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV gehandelt, also um solche im unmittelbaren Gefahrenbereich, die erforderlich waren, um verdächtige Gegenstände einer näheren Behandlung zu unterziehen. Die vom Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EZulV 1987 entwickelten Anforderungen seien auch für die Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV in der hier streitgegenständlichen Fassung maßgeblich. Die Unterschiede in den beiden Normfassungen seien – soweit hier streitgegenständlich – lediglich redaktioneller, nicht aber inhaltlicher Art. In inhaltlicher Hinsicht setzten beide Fassungen voraus, dass die betreffenden Beamten bzw. Soldaten eine besondere Ausbildung (hier: zum Sprengstoffentschärfer) absolviert hätten, ihnen als ständige Aufgabe die Behandlung in diesem Sinne „verdächtiger Gegenstände“ obliege und sie tatsächlich im unmittelbaren Gefahrenbereich zur Behandlung solcher „verdächtiger Gegenstände“ eingesetzt bzw. tätig geworden seien. Der Verordnungsgeber habe ohne Abstriche an der vom Bundesverwaltungsgericht zur Vorgängerregelung herausgearbeiteten Voraussetzung eines hinreichend konkretisierten Verdachts, dass der betreffende Gegenstand explosionsgefährliche Stoffe enthalte, festgehalten. Die Lesart der Klägerin, jede einzelne Fahrzeugkontrolle im EOD-Pit als zulagebegründenden Einsatz zu begreifen, liefe auch dem System des geltenden Besoldungsrechts zuwider. Danach werde die amtsangemessene Besoldung grundsätzlich in Form des dem verliehenen Amt entsprechenden Grundgehalts gewährt, das nur ausnahmsweise durch Erschwerniszulagen ergänzt werde, wenn bestimmte Erschwernisse mit der besoldungsrechtlichen Bewertung des Amtes nicht abgegolten seien. Jede Fahrzeugkontrolle als zulagebegründende Tätigkeit anzusehen, führte indes dazu, dass die Zulage – und nicht das Grundgehalt – der Besoldung ihr wesentliches Gepräge gäbe. 5 Im Streitfall fehle es an einem hinreichend konkreten, im Einzelfall auf objektivierten Anhaltspunkten beruhenden Verdacht, dass die von der Klägerin untersuchten Fahrzeuge unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtungen enthalten haben. Ein solcher konkreter Gefahrenverdacht ergebe sich nicht daraus, dass der seinerzeitige Führer der Einsatz-/Leitstelle Kampfmittelabwehr für die Monate Januar bis März 2019 die „Richtigkeit der Angaben bei Nr. 1.2.1“ – diese wiesen als „zulagenberechtigende Tätigkeit“ die jeweiligen Fahrzeugkontrollen als „Einsätze“ aus – mit seiner Unterschrift bestätigt habe. Entscheidend sei nicht, wie die Verwaltung die entsprechenden gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen verstanden habe, sondern wie sie zu verstehen seien. Dies zu beurteilen, obliege letztverbindlich den Gerichten ohne Bindung an das – durch normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften zum Ausdruck gebrachte – Normverständnis der Verwaltung. Anhaltspunkte für einen hinreichend konkreten Verdacht, dass die von der Klägerin im EOD-Bereich durchsuchten Fahrzeuge explosionsgefährliche Stoffe enthielten, ließen sich nicht aus dem Gesamtprozess der durchgeführten Kontrollen entnehmen. Der Kreis der Fahrzeuge, die Gegenstand der durchgeführten Kontrollen – also der Kontrollen, nachdem bereits eine erste Kontrolle durch die afghanischen Sicherheitskräfte in Form einer Sichtprüfung und eines Abspiegelns stattgefunden habe – am EOD-Pit gewesen seien, biete keine Anhaltspunkte dafür, dass der Auswahl stets oder regelmäßig ein konkreter Gefahrenverdacht zugrunde gelegen habe. Die Auswahl habe sich nicht einzelfallbezogen nach konkreten Verdachtsmomenten – etwa heraushängende Kabel, verdächtige Aufbauten –, sondern nach vorab festgelegten abstrakt-generellen Kriterien bestimmt; kontrolliert worden seien zivile Fahrzeuge, die nicht über eine gültige Zutrittsberechtigung für uneskortierten Zugang verfügten, zivile Fahrzeuge der Firma NCS-Fuel, zivile Fahrzeuge an einem bestimmten Tag sowie zivile Fahrzeuge, die zufällig Gegenstand einer stichprobenartigen Kontrolle geworden seien. Die hier streitgegenständlichen EOD-Checks seien damit nicht durch konkret verdächtige Fahrzeuge veranlasst gewesen, sondern hätten eingebettet in ein allgemeines Gefahrenabwehrkonzept stattgefunden. Es habe sich um Ermittlungen im Hinblick darauf gehandelt, ob bestimmte Objekte Gegenstände darstellten, die den Verdacht rechtfertigten, explosionsgefährliche Stoffe zu enthalten, und damit um präventive Maßnahmen im Rahmen einer (lediglich) abstrakten Gefahrenlage, d. h. um Untersuchungen zum Zwecke der Verdachtserforschung. 6 Aus der Gefährdungs- und Bedrohungslage in Bezug auf das Camp im hier streitgegenständlichen Zeitraum lasse sich ebenfalls nicht ableiten, dass jedes der von der Klägerin am EOD-Pit kontrollierte Fahrzeug hinreichend verdächtigt gewesen sei, explosionsgefährliche Stoffe zu enthalten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass nicht ausnahmslos alle zivilen Fahrzeuge bei jeder Einfahrt einer EOD-Kontrolle unterzogen worden seien. Auch habe die Beklagte glaubhaft erklärt, dass es im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar bis März 2019 im Camp keine konkrete Bedrohung durch zivile Fahrzeuge gegeben habe; sämtliche Kontrollmaßnahmen seien ohne Befund gewesen. 7 2. Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. 8 a) Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. 9 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 – 2 B 2.11 – juris Rn. 4, vom 9. April 2014 – 2 B 107.13 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Dezember 2023 – 2 B 19.23 – juris Rn. 16). 10 Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen „1. Setzt der verdächtige Gegenstand nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV eine konkrete Gefahr voraus? 2. Setzt der verdächtige Gegenstand nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV eine abstrakte Gefahr voraus? 3. Wie ist der Begriff „verdächtige“ in § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV in der am 1.6.2015 geltenden Fassung auszulegen? 4. Ist, im Falle dessen, dass der verdächtige Gegenstand nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV eine abstrakte oder konkrete Gefahr voraussetzt, diese Gefahr durch eine allgemeine Gefahrenlage im Einsatzland erfüllt? 5. Ist, im Falle dessen, dass der verdächtige Gegenstand nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV eine abstrakte oder konkrete Gefahr voraussetzt, diese Gefahr durch eine allgemeine leichte Gefahrenlage im Einsatzland erfüllt? 6. Ist, im Falle dessen, dass der verdächtige Gegenstand nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV eine abstrakte oder konkrete Gefahr voraussetzt, diese Gefahr durch eine allgemeine mittlere Gefahrenlage im Einsatzland erfüllt? 7. Ist, im Falle dessen, dass der verdächtige Gegenstand nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV eine abstrakte oder konkrete Gefahr voraussetzt, diese Gefahr durch eine allgemeine hohe Gefahrenlage im Einsatzland erfüllt? 8. Sind der Disziplinarvorgesetzte, die Beschwerdestellen und die Rechtsmittelgerichte an die bejahenden Feststellungen des Fachvorgesetzten im Rahmen der Antragstellung auf Gewährung der Zulagen nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV gebunden? Wenn nicht, unter welchen Voraussetzungen dürfen sie sich von den Feststellungen des Fachvorgesetzten lösen?“ rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Sie lassen sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. 11 aa) Die Fragen zu 1. bis 3. sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. 12 Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 EZulV in der ab dem 1. Juni 2015 und damit auch in dem streitgegenständlichen Zeitraum von Januar bis März 2019 geltenden Fassung vom 13. Mai 2015 (BGBl. I S. 706) erhalten Beamte und Soldaten mit gültigem Nachweis über eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum Sprengstoffentschärfer, deren ständige Aufgabe das Prüfen, Entschärfen und Beseitigen unkonventioneller Spreng- und Brandvorrichtungen ist, eine Zulage in Höhe von 35,78 € für jeden Einsatz im unmittelbaren Gefahrenbereich, der erforderlich wird, um verdächtige Gegenstände einer näheren Behandlung zu unterziehen. § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV definiert den unmittelbaren Gefahrenbereich als Wirkungsbereich einer möglichen Explosion oder eines Brandes. Die Behandlung i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 EZulV umfasst gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 EZulV insbesondere 1. optische, akustische, elektronische und mechanische Prüfung auf Spreng-, Zünd- und Brandvorrichtungen, 2. Überwinden von Sprengfallen, Öffnen von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen, Trennen der Zündkette, Unterbrechen der Zündauslösevorrichtung, Neutralisieren, Phlegmatisieren und 3. Vernichten, Transportvorbehandlung, Verladen, Transportieren der unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen oder ihrer Teile. 13 Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 27. Februar 1997 – 2 C 14/96 – (Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 7 = juris Rn. 19 ff.) ausgeführt: „Die besondere Erschwernis, die im Sinne der Ermächtigungsgrundlage des § 47 BBesG bei der besoldungsrechtlichen Bewertung des Amtes nicht berücksichtigt worden ist und deshalb durch eine Zulage abgegolten werden soll, besteht in der subjektiven Belastung des Beamten oder Soldaten, sobald er im Rahmen dauerhafter Aufgabenzuweisung zur Beseitigung von besonders gefährlichen Objekten tatsächlich eingesetzt wird. Hierdurch findet die aktuelle Gefährdung wie auch gesteigerte Verantwortung des Sprengstoffentschärfers und -ermittlers eine besoldungsrechtliche Anerkennung. Die Erschwernis realisiert sich nicht erst bei einer objektiven Gefährdung, die von dem zu beseitigenden Gegenstand ausgeht, sondern bereits im Falle des ‚gerechtfertigten Verdachts‘, daß es sich bei dem Gegenstand um einen Sprengkörper handelt. Dieser Verdacht muß hinreichend konkret sein und im Einzelfall auf objektivierten Anhaltspunkten beruhen. Eine ‚abstrakte Gefahrenlage‘ reicht ebensowenig aus wie ein subjektives Bedrohungsgefühl des Beamten oder Soldaten. Dies ergibt sich bereits daraus, daß die nach § 11 Abs. 1 EZulV qualifizierte Tätigkeit in der Beseitigung von Sprengkörpern unkonventioneller Bauart und entsprechend verdächtigen Gegenständen besteht. Das Beseitigen umfaßt nach der Legaldefinition des § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV das Entschärfen, Transportieren, Zerlegen und Sprengen als einzelne Arbeitsvorgänge. Soweit auch das Prüfen einbezogen ist, wird nicht eine davon unabhängige Betätigung gekennzeichnet. Vielmehr hat auch diese Tatbestandsmodalität einen finalen Bezug zur Beseitigung der in § 11 Abs. 1 Satz 1 EZulV genannten Objekte. Damit ist es nicht vereinbar, sämtliche Maßnahmen, die der Klärung der Beschaffenheit eines Gegenstandes dienen, als zulageberechtigende Tätigkeiten anzuerkennen. Auch das Erfordernis einer Tätigkeit ‚im unmittelbaren Gefahrenbereich‘ verlangt den hinreichend konkretisierten Verdacht, daß der Gegenstand, mit dem der Sprengstoffentschärfer oder -ermittler umgeht, explosionsgefährliche Stoffe enthält. Ein unmittelbarer Gefahrenbereich, der durch den Standort des Sprengkörpers und den Wirkungsgrad einer potentiellen Explosion eingegrenzt wird, kann nach diesen objektiven Kriterien erst dann bestimmt werden, wenn sich gute Gründe für die Annahme ergeben, daß der weiterzubehandelnde Gegenstand explosionsgefährlich ist. Mit der Voraussetzung eines hinreichend konkreten Verdachts auf explosionsgefährliche Stoffe wird die Erschwerniszulage an eine besondere Gefährdung geknüpft, die ihrer Intensität nach über den Rahmen der von Polizeivollzugsbeamten allgemein hinzunehmenden, durch die amtsgemäße Besoldung einschließlich der sog. ‚Polizeizulage‘ (Vorbemerkung Nr. 9 zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B in Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz) bereits berücksichtigten Gefahren für Leib und Leben deutlich hinausgeht. Dies entspricht den Anforderungen des § 47 BBesG sowie allgemein dem System des geltenden Besoldungsrechts. Danach wird die angemessene Besoldung grundsätzlich in der Form des dem verliehenen Amt entsprechenden Grundgehalts mit Ortszuschlag gewährt, während nur ausnahmsweise eine weitere Differenzierung durch Zulagen vorgesehen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 1995 – BVerwG 2 C 13.94 – <BVerwGE 98, 192 f.> und vom 24. August 1995 – BVerwG 2 C 39.94 – <ZBR 1996, 45> und – BVerwG 2 C 40.94 – <Buchholz 240.1 Nr. 15>). Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Begründung der Bundesregierung zu § 11 des Entwurfes einer Erschwerniszulagenverordnung vom 20. Februar 1976 (BRDrucks 152/76 S. 29 f.). Danach ist es für die Gewährung der Einsatzzulage ausreichend, ‚wenn die äußeren Umstände den Verdacht rechtfertigen, daß der zu beseitigende Gegenstand explosionsgefährliche Stoffe enthält (ernsthafter subjektiver Gefährdungstatbestand)‘. Von einem subjektiven Gefährdungstatbestand, der ‚ernsthaft‘ ist, kann nicht schon gesprochen werden, wenn die Gefährdung auf einer abstrakten, wegen der allgemeinen Verhältnisse und Bedingungen hypothetischen Gefahrenlage beruht. Erforderlich ist vielmehr, daß ausreichende Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr eines Schadens durch die Explosion eines Sprengkörpers im Einzelfall vorliegen.“ 14 Danach muss der Verdacht hinreichend konkret sein und im Einzelfall auf objektivierten Anhaltspunkten beruhen. Eine „abstrakte Gefahrenlage“ reicht ebenso wenig aus wie ein subjektives Bedrohungsgefühl des Beamten oder Soldaten. Erforderlich ist vielmehr, dass ausreichende Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr eines Schadens durch die Explosion eines Sprengkörpers im Einzelfall vorliegen. 15 Diese zu § 11 Abs. 1 EZulV in der Fassung vom 6. März 1987 (BGBl. I S. 762) ergangene Rechtsprechung ist auf die gegenwärtig geltende Fassung vom 13. Mai 2015 zu übertragen. Nach der alten Normfassung wurde die Zulage gezahlt für das Tätigwerden im unmittelbaren Gefahrenbereich bei der Beseitigung von Gegenständen, die den Verdacht rechtfertigten, explosionsgefährdende Stoffe zu enthalten. Nach der aktuellen Fassung wird die Zulage gezahlt für den Einsatz im unmittelbaren Gefahrenbereich, der erforderlich wird, um verdächtige Gegenstände einer näheren Behandlung zu unterziehen. Die unterschiedlichen Formulierungen beinhalten keinen Unterschied in der Zweckrichtung der Zulage und auch nicht bezüglich des Grades der Gefahr oder der Definition des Verdachts. 16 Das wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Neufassung (so auch OVG Magdeburg, Beschluss vom 17. Februar 2021 – 1 L 6/21 – juris Rn. 8; VG Greifswald, Urteil vom 24. März 2023 – 6 A 1199/19 HGW – juris Rn. 37). Die im Streitfall und auch aktuell geltende Fassung des § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 EZulV geht zurück auf die Besoldungsänderungsverordnung 1998 – BesÄndV 98 – vom 17. Juni 1998 (BGBl. I. S. 1378). Nach der Begründung der Bundesregierung zu dem entsprechenden Änderungsbefehl des Verordnungsentwurfs (BR-Drs. 187/98 vom 20.2 .1998 S. 18) soll abgegolten werden die Belastung des Beamten oder Soldaten, die entsteht, sobald er zur Prüfung, Entschärfung etc. von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen tatsächlich eingesetzt wird. Die Erschwernis realisiere sich beim Sprengstoffentschärfer, wenn er den verdächtigen Gegenstand einer näheren Behandlung unterziehe, und beim Sprengstoffermittler, wenn er den als explosionsgefährlich ermittelten Gegenstand sicherstelle, asserviere oder transportiere. Die Neufassung erlaube eine genauere Abgrenzung des begünstigten Personenkreises und verhindere eine über die eigentliche Zweckbestimmung – die Abgeltung einer konkreten Gefährdung – hinausgehende Ausdehnung des Empfängerkreises; routinemäßige Maßnahmen der Gefahrenabwehr (z. B. Posteingangskontrollen) würden wegen der fehlenden konkreten Gefährdung nicht erfasst. Damit wird deutlich, dass der Verordnungsgeber – unverändert und erst recht – davon ausgeht, dass es sich um einen konkret und nicht nur abstrakt bzw. allgemein verdächtigen Gegenstand handeln muss. Nach wie vor soll abgegolten werden die Erschwernis bei der Gefahrenbeseitigung, nicht eine Erschwernis bei der bloßen Gefahrenermittlung im Vorfeld. 17 bb) Die Fragen zu 4. bis 7. sind auf der Basis der dargestellten und – wie ausgeführt – unverändert maßgeblichen Senatsrechtsprechung im Urteil vom 27. Februar 1997 – 2 C 14.96 – (Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 7 = juris Rn. 19 ff.) dahingehend zu beantworten, dass es nicht auf die allgemeine Gefahrenlage im Einsatzland ankommt – einerlei, wie man die von der Beschwerde verwendeten Begriffe leicht, mittel und hoch in diesem Zusammenhang definieren würde –, sondern dass es stets ausreichender Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr eines Schadens durch die Explosion eines Sprengkörpers im Einzelfall bedarf. 18 cc) Schließlich rechtfertigt auch die Frage zu 8. keine Zulassung der Revision. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, einer „bejahenden Feststellung des Fachvorgesetzten im Rahmen der Antragstellung auf Gewährung der Zulagen nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV“ eine Tatbestandswirkung zuzusprechen oder insoweit einen Beurteilungsspielraum anzunehmen. 19 Die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts ist durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Gerichten übertragen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1969 – VIII C 104.69 – BVerwGE 34, 278 <281 f.>). Das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert jedem den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten als auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen und Wertungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, im Grundsatz aus. Nur ausnahmsweise können durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume sowie die Tatbestandswirkung von Exekutivakten die Durchführung der Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken; gerichtliche Kontrolle endet dort, wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und der Verwaltung einen Einschätzungs- und Auswahlspielraum belässt. Ob dies der Fall ist, muss sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermitteln sein. Demgegenüber kann es weder der Verwaltung noch den Gerichten überlassen werden, ohne gesetzliche Grundlage durch die Annahme behördlicher Letztentscheidungsrechte die Grenzen zwischen Gesetzesbindung und grundsätzlich umfassender Rechtskontrolle der Verwaltung zu verschieben. Will der Gesetzgeber die gerichtliche Kontrolle zurücknehmen, hat er zu berücksichtigen, dass die letztverbindliche Normauslegung und auch die Kontrolle der Rechtsanwendung im Einzelfall grundsätzlich den Gerichten vorbehalten ist; die Freistellung der Rechtsanwendung von gerichtlicher Kontrolle bedarf deshalb stets eines hinreichend gewichtigen, am Grundsatz eines wirksamen Rechtsschutzes ausgerichteten Sachgrunds (zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 1 BvR 857/07 – BVerfGE 129, 1 <20 ff.> m. w. N.). 20 Es kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber einen Beurteilungsspielraum oder gar eine Tatbestandswirkung einer – bejahenden oder verneinenden – Feststellung eines Fachvorgesetzten nach diesen Grundsätzen regeln könnte, denn es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass er in § 11 Abs. 1 Satz 2 EZulV eine solche Regelung getroffen hat. In dieser Bestimmung ist der von der Beschwerde für maßgeblich gehaltene Fachvorgesetzte nicht erwähnt. Die Einschätzung des Fachvorgesetzten ist also für die Erfüllung des Zulagentatbestandes nicht entscheidend; es bedarf auch keiner Rechtfertigung, sich von seinen Feststellungen zu „lösen“. 21 b) Auch der von der Beschwerde gerügte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Die Ablehnung des Beweisantrags, zum Beweis der Tatsache, dass die von der Klägerin untersuchten Gegenstände konkrete und individuelle Gefahranzeichen aufwiesen, die von der Klägerin erstellten – und im Einzelnen bezeichneten – Prüfprotokolle beizuziehen, war nicht verfahrensfehlerhaft. 22 Ohne Erfolg rügt die Beschwerde, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, indem es die in der mündlichen Verhandlung gestellten und in der Beschwerdebegründungsschrift wiedergegebenen Beweisanträge als Ausforschungsbeweisanträge abgelehnt habe. 23 Die Ablehnung eines förmlichen und unbedingt gestellten Beweisantrags ist nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet. Ein Beweisantrag ist unzulässig und darf abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag handelt, er mithin allein zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen. Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden. So liegt es, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsachen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, das heißt, wenn jene – mit anderen Worten – ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ behauptet worden sind. Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung des Vorbringens gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (BVerwG, Beschlüsse vom 31. März 2016 – 2 B 12.15 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 390 Rn. 17, vom 30. April 2019 – 2 B 59.18 – juris Rn. 13 und vom 29. August 2023 – 1 B 17.23 – juris Rn. 3 f., jeweils m. w. N.). 24 Dies zugrunde gelegt hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass es sich um einen Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag handelte. Der Antrag ist nicht auf die Erhebung von Tatsachen gerichtet, sondern auf deren rechtliche Bewertung. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass das Beweisthema nicht hinreichend konkret gefasst ist; was ein – konkretes und individuelles – Gefahranzeichen sein soll, bleibt unklar; es bedarf einer rechtlichen Wertung, welche tatsächlichen Umstände im Rahmen des Zulagentatbestandes des § 11 Abs. 1 EZulV eine Gefahrenlage begründen. Außerdem fehlen auch jedwede greifbaren tatsächlichen Grundlagen für die begehrte Beweiserhebung. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die an den Fahrzeugkontrollen beteiligte Klägerin nicht in der Lage gewesen sein sollte, tatsächliche Anknüpfungspunkte für einzelne Fälle zu benennen, in denen jeweils aufgrund besonderer Umstände nicht nur der allgemeine Verdacht einer Gefahr, sondern eine konkrete Gefahr bestanden haben soll. Zum zweiten und vor allem hat das Berufungsgericht – ohne dass hiergegen eine Verfahrensrüge erhoben worden ist – festgestellt, dass die Fahrzeugkontrollen, an denen die Klägerin mitgewirkt hat, nicht aufgrund eines individualisierten Gefahrenverdachts bezüglich der jeweiligen Fahrzeuge, sondern nach generell-abstrakten Kriterien erfolgten. Vor diesem Hintergrund ist die geforderte Beiziehung der Prüfprotokolle auf die Ausforschung eines Sachverhalts gerichtet, für den es erkennbar an jeder tatsächlichen Grundlage fehlt. 25 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Dokumente zum Verfahren Beschluss vom 15.01.2025 – BVerwG 2 B 36.24 (Leitsatz)